Martinigans: Schmackhaftes Federvieh

Traditionell kommt am 11. November eine Martinsgans auf den Esstisch. Doch woher kommt dieser Brauch? Und wie wird die Gans in Eder’s Eichmühle, Wädenswil zubereitet und serviert?

 

Der Legende nach teilte vor über 1600 Jahren ein römischer Soldat an einem kalten Wintertag seinen Mantel mit einem Bettler und rettete ihn so vor dem Tod. Seither steht seine Tat für Barmherzigkeit und Nächstenliebe. Die Rede ist von Sankt Martin, der spätere dritte Bischof von Tours.

 

Neben den Martinszügen soll das Martinigansessen, das traditionell am 11. November zelebriert wird, an Sankt Martin erinnern. Er soll 371 zum Bischof von Tours geweiht werden, doch diese Würde, ja Bürde war nicht in seinem Sinne, sodass er sich aus Bescheidenheit in einem Gänsestall versteckte. Das laute Geschnatter des Federviehs verriet jedoch seinen Aufenthaltsort und er wurde entdeckt und musste sein Amt als Bischof antreten. Seither gilt Bischof Martin von Tours als Schutzpatron der Gänsezucht. Der früh domestizierte Vogel hatte im Altertum seit jeher eine vielseitige mythologische Bedeutung. So hatte man in Ägypten die Vorstellung von einer Urgans, von der das Weltenei stammte. Im Land am Nil sowie in China galt die Gans als Vermittlerin zwischen Himmel und Erde.

 

Doch wer war dieser heilige Martin? Martin von Tours (316 – 397) wurde in Sabaria (im heutigen Ungarn) als Sohn eines römischen Tribunen geboren. Bereits mit 15 Jahren war Soldat, liess sich mit 18 Jahren taufen, widmete sich fortan eifrig der christlichen Mission und gründete zahlreiche Klöster. Seine asketische Strenge, Gerechtigkeit und Wundertätigkeit verhalfen ihm zu hohen Ansehen, sodass er 371 zum Bischof von Tours gewählt wurde.

 

Eine andere Herkunft des Martinigansessens wird darin gesehen, dass am 11. November die 40-tägige vorweihnachtliche Fastenzeit beginnt, in der fettes Essen tabu ist. Überdies war der 11. November früher jener Termin, an dem die Bauern ihren Lehnherren die fällige Pacht zahlen mussten. Dies wurde oft in Naturalien getan und in vielen Fällen mit einer Gans

 

Wir haben mit dem Küchenchef Jürg Eder von Eder’s Eichmühle in Wädenswil über die Martinigans gesprochen. In seinem Restaurant findet traditionell das Martinigansessen für die Mitglieder der Bailliage Zurich-Campagne statt. Dass dieser Anlass sehr gut besucht ist, überrascht nicht:

 

- Welche Bedeutung hat das Martinigansessen für Sie?

Für mich ist Martinigansessen mit der Gansabhauet in Sursee verbunden. Stammt doch meine Frau von dort. Für unser Restaurant ist der November ein sehr wichtiger Monat, brauchen wir doch 60 bis 80 Gänse.

 

- Woher beziehen Sie die Gänse und worauf achten Sie beim Einkauf?

Unsere Gänse stammen vorwiegend vom Geflügelzüchter Schönholzer, Wädenswilerberg. Die kleinen Gänschen kommen im Frühjahr und werden dort aufgezogen bevor sie in der Pfanne landen. Ich habe meine Freizeitaktivitäten zum Wädenswilerberg hin ausgerichtet, so dass die Gänse während des Heranwachsens immer wieder mal sehe.

 

- Wie muss eine frische Gans schmecken?

Sie muss gross, fest und schneeweiss sein. Sie sind meist fettiger als die üblich im Handel erhältlichen Gänse.

 

- Worauf achten Sie bei der Zubereitung des Federviehs?

Weil die Gans ein grosses Tier ist, muss sie gut gewürzt werden. Ich verwende dafür meist Meersalz und verschiedene Kräuter. Die Gans muss während der Zubereitung immer wieder mit Schmalz übergossen und gewendet werden. Die grosse Kunst ist es, dass die Brust nicht austrocknet während der Schlegel noch gart. Die gesamte Zubereitungszeit dauert etwa drei Stunden. Die Gans wird traditionell mit einer guten Sauce zusammen mit Kartoffelstock oder Serviettenknödel serviert.