BE Rebenparadies am Jurasüdfuss

An den Ufern des Bielersees wird seit jeher Weinbau betrieben. Klöster und Adelsfamilien waren früher die Besitzer der Rebberge. Mit der Reformation im 16. Jahrhundert verloren diese jedoch ihre Besitztümer an den Staat und die Patrizier von Bern und Biel. Die Besitzer wechselten, doch die Rebarbeiter blieben dieselben. Es waren die Seeanwohner, die «Seebutzen», die nach und nach selbst zu Besitzern wurden. Dies ist bis heute so geblieben.

 

Die sonnigen Südhänge des Juras, am Ufer des Bielersees, sind seit Jahrhunderten vom Rebbau geprägt. Klöster und Abteien, Freiherren und Kreuzritter besassen in dieser Gegend grosse Rebgüter. Ihr Besitz gelangte parzellenweise an die heimischen Winzer, die seither ihre eigenen Rebstöcke liebevoll hegen. Ihr Wissen und Können geben sie von Generation zu Generation weiter.

 

Sonne bürgt für Qualität

In den steilen Lagen hoch über dem See ist die Bearbeitung und Pflege der Reben nur mit sehr viel Handarbeit möglich. Die Neigung in den Rebgebieten liegt zwischen 30 -70%. Dafür profitieren die steilen Hanglagen mehr von der Sonne. Der nahe See reflektiert die Sonnenstrahlen auf die Reben und speichert so Wärme. Die Reben danken dies mit hervorragender Qualität ihrer Trauben.

 

Von Twann bis Le Landeron

Im Bielerseegebiet gibt es keine Grosskellerei oder Genossenschaft. Die Weine werden von Winzerfamilien selbst vinifiziert und verkauft. So ist die grosse Vielfalt der Bielerseeweine zu erklären, auf die die Produzenten sehr stolz sind.

Werner Konrad Engel führt seinen Familienbetrieb in sechster Generation. Die Gründung geht auf Ende des 18. Jahrhunderts zurück. «In den Reben soll eine hervorragende Qualität gesunden Traubengutes produziert werden und dies unter möglichst naturnahen Bedingungen», ist für Engel wichtig. Eine vernünftige Düngung führt den Reben nur die benötigten Nährstoffe zu, ohne einen übermässigen Ertrag zu produzieren. «Mit Kaltgärung zu bouquetbetonten und fruchtigen Chasselasweinen», so lautet die Philosophie von Werner Konrad Engel in seinem modernen Keller. Die Kaltgärung führt zu eleganten, bouquetbetonten und fruchtigen Weinen der Sorte Chasselas, welche sich vorzüglich zum Apéro, Käse- und Fischgerichten eignen. Die Pinot-noir-Traube wird als «Twanner Frauenkopf Oeil-de-Perdrix» sowie als Pinot noir Barrique gekeltert. Eine Spezialität ist der «Twanner Brut méthode traditionelle». Tradition verbunden mit Experimentierfreudigkeit ist die Philosophie des Önologen Martin Hubacher vom Johanniterkeller in Twann. Auf fünf Hektaren werden Pinot noir, Chasselas, Chardonnay, Pinot gris, Sauvignon blanc, St-Laurent und Gamaret angebaut.  Im Keller legt Hubacher ein besonderes Augenmerk auf eine schonende Pressung, was mittels einer pneumatischen Niederdruckpresse erreicht wird. Oft wird dabei auch die Technik der Ganztraubenpressung angewandt. Die kontrollierte alkoholische Kaltgärung bei den weissen Sorten, sowie die klassische Maischengärung bei den Rotweinen sind wichtige Merkpunkte für den weiteren Verlauf der Vinifikation. «Unser Non filtré ist ein ganz besonderer Wein», erklärt der gelernte Winzer Martin Hubacher. «Eigentlich ein ‹normaler› Chasselas, den wir aber sorgfältig verlesen und auf der Hefe (sur lie) vinifizieren. Nur durch Kälte geklärt wird dieser Wein ohne jegliche Filtration in die Flasche gefüllt. Daher auch die Depotbildung welche zu einer leichten Trübung des Weines führen kann.» Der Non filtré ist ein idealer Apérowein der anderen Art und überrascht durch seinen eigenwilligen Charakter geprägt von einer feinen Hefenote.

Stefan Schorr aus Ligerz baut die Traubensorte Freisammer an und keltert daraus den Dessertwein Rebell. Neben Traubensaft und Strohwein sicherlich die Spezialität aus seinem Keller. Auf den 3 Hektaren Rebland baut Schorr 27% Chasselas, 48% Pinot noir und 22% Spezialitäten an. «Bei der Bewirtschaftung der Reben ist es uns ein Anliegen auf die Natur zu achten und mit möglichst wenigen Hilfsstoffen zu arbeiten», sagt Stefan Schorr. Dies geschieht unter dem Label «Integrierte Produktion». Das Rebgut Schlössli in Schafis ist ein typischer Weinbau-Familienbetrieb mit gut 3 ha Reben.

Eingebettet zwischen See und Wald, dehnen sich die Rebberge aus. Das Schlössli Schafis wurde um 1570 erbaut und steht teilweise unter Heimatschutz. 1830 wurde es von Jakob Teutsch erworben und blieb bis heute Eigentum der Familie. «Der weisse Schafiser Schlössliwy (Chasselas) ist unsere Hausmarke. Der Wein zeigt sich charaktervoll, trocken und spritzig und eignet sich als Apéro-Wein. Er passt aber auch zu Entrées und Fischgerichten», so Jakob Teutsch. Gekeltert wird der Wein vorwiegend in grossen Eichenfässern.

Die besten Bielersee Chasselas stammen vom Rebgut Domaine Hôpital de Soleure der Bürgergemeinde Solothurn. Der Schafiser kommt frisch und sauber mit leichter Exoticnase daher. Der Landeron ist dezent aber sehr sauber vinifiziert und mit schönen subtilen Fruchtaromen ausgestattet. Die Domäne geht ins Jahr 1350 zurück. Der Grossteil des Rebgutes stammt aus der testamentarischen Schenkung des Schultheissen Niklaus von Wengi des Älteren, der das Bürgerspital 1466 als Haupterben einsetzte. Neben Pinot noir, Chasselas und Chardonnay werden neu auch Sauvignon blanc und Malbec angebaut. Auf den ersten Malbec ist wegen geplantem Barriqueausbau noch rund zwei Jahre zu warten.