Street Food

Essen auf Rädern: Wo die Food Trucks anrollen, gibt es viel mehr als nur Currywurst und Pommes. Frische Bio-Küche und richtig gute Delikatessen zum Beispiel.

 

Vom Fastfood zu Bürgersteig-Delikatessen. Der schnelle Snack hat sich weiter entwickelt. Ob in Portland, Kopenhagen, Berlin oder Zürich – in vielen Metropolen hat die Street Food-Kultur Einzug gehalten. Street Food-Märkte schiessen aus dem Boden. Scheinbar aus dem Nichts. Das Essen ist für jeden erschwinglich, ist es doch günstiger als im Restaurant. Neben dem Preis punktet dieser Foodtrend mit frischem und gesundem Essen. Die Anbieter spezialisieren sich auf wenige Gerichte, die sie stets frisch zubereiten. Auf Zusatzstoffe wird verzichtet. Häufig greifen die Strassenköche zu lokalem und regionalem Gemüse und Bioprodukten. Die Auswahl an vegetarischen und veganen Gerichten ist ausserordentlich gross, doch auch Fleischgerichte werden zubereitet.

 

Street Food ist in. Nicht nur die Gerichte sind hipp, sondern auch das Design der Trucks ist zumeist originell, farbenfroh und fantasievoll gestaltet. In vielen Grossstädten scheitern innovative Jungunternehmer häufig an hohen Kosten und Auflagen, um ein eigenes Restaurant zu eröffnen. Einen Imbisswagen umzubauen oder einen Stand in einem Street Food-Markt zu mieten ist vergleichsweise viel billiger. Sobald das Stammpublikum gefunden ist, rückt der Traum vom eigenen Restaurant für manche oftmals näher. So bietet Street Food auch eine Plattform, mit zunächst niedrigen Kosten auszuprobieren, ob die Geschäftsidee beim Publikum wirklich ankommt.

 

Am Puls des Geschehens

Dass Berlin deutlich mehr zu bieten hat als Currywurst und Döner, wird jeden Donnerstagabend in der Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg gezeigt. Hier pulsiert der Food Truck-Trend richtiggehend. Am Street Food Thursday werden von koreanischem Kimchi bis geräuchertem Fisch feinste Leckereien angeboten. Wie auch die Allgäuer Kässpätzle vom «Heissen Hobel». Vor vielen Jahren haben Florian und Myriam mit ihrem Imbisswagen das Studium finanziert. Auf regionalen Festen verkauften sie Käsespätzle. Diese werden direkt im Food Truck frisch zubereitet. Der Teig wird mit dem Spätzle-Hobel in das heisse Salz-Wasser als Tropfen gehobelt. Nach nur wenigen Sekunden werden die Spätzle in eine Metallschüssel abgeseiht und sofort mit der Käsemischung verrührt. Zum Schluss kommen die Zwiebeln und etwas Pfeffer on top. Die Puffermanufaktur «Die Dollen Knollen» bieten Puffer aus Biokartoffeln an. Die frisch zubereiteten Kartoffelpuffer gibt es als Klassiker mit Apfelmus, verschiedenen pikanten Toppings (z.B. Quark mit geraspelten Karotten, rote Beete Crème, etc.) oder auch mit geräuchertem Fisch. Der Streetfood-Brummi des österreichischen Restaurants Jolesch ist fast schon Kult. Die Gastgeberin Renate Dengg freut sich: «Unser Schnitzel-Truck kommt bei den Berlinern super an. Aber auch in Zürich am Street Food Festival waren wir bei den Gästen beliebt.» Im Food Truck gibt es frischgebackene Schweinsschnitzel mit Laugenbrot, Remoulade und Salat. Viele Berliner mögen aber auch gerne fleischlos essen. Darauf haben die Macher vom Schnitzel-Truck prompt reagiert und Süsskartoffeln-Pommes sowie Fish&Chips in ihr Programm aufgenommen. Der alte Chevrolet wurde komplett umgebaut. Innen entstand eine neue Küche mit Kühlschränken, Fritteuse und Spüle, die Wände, Böden und Arbeitsflächen wurden aus rostfreiem Nirosta gefertigt.

 

24 Stunden mariniert

Unser absoluter Favorit sind Leila und Sidney Kristiansen mit ihrem Stand Comptoir de Cidre. Die kanadischen Geschwister verstehen sich als Botschafter des Nationalgetränks der Normandie. Letztes Jahr eröffneten sie eine Cidrebar in Prenzlauer Berg – und schlossen sie acht Monate später wieder. «Street Food läuft einfach besser», sagt Sidney Kristiansen. «Wir haben nur ein Produkt, das wir gut vorbereiten können. Pro Woche sind wir auf drei, vier grossen Märkten und verkaufen da insgesamt 2000 Portionen. In ein Restaurant kommen vielleicht 30 Leute an einem Abend.» Es sei aber auch eine Bauchentscheidung gewesen: für das Unterwegssein. Comptoir de Cidre ist wie eine Band auf Tour, kreuz und quer durch Europa. Von Kopenhagen nach Zürich und über Graz nach Berlin, wo sie einmal die Woche sind.

 

Mit dem Pommeau der Domaine Duclos ist das höchste der Gefühle erreicht. Auch der Rauschgefühle. 17 Prozent Alkohol. Das ist die Ausnahme. Das dunkle, nach Karamell schmeckende Getränk ist eine 50:50-Mischung aus dem französischen Apfelsekt und Calvados. Ein Glas als Aperitif, das reicht für den Genuss. Der gebürtige Kanadier hat Cidre als Alltagsgetränk in der Normandie kennengelernt und in Berlin bis dato etwa am Street Food Thursday in der Markthalle Neun unter die Wein- und Biertrinker gebracht. Weil zum Trink- auch der Essgenuss gehört, agiert Schwester Leila in der Küche. Das Must der kleinen Tapas-Karte ist das 65-Stunden-Cidre-Steak. Das Besondere an diesem Stück Fleisch auf Kartoffelbrot: das Rindssteak wurde 24 Stunden in Cidre mariniert, dann 11 Stunden «Sous-vide» gegart und anschliessend mit Zwiebeln serviert, die während 30 Stunden karamellisierten.

 

Street Food Festival Zürich

Die Welle des trendigen, gesunden Fast Foods ist mittlerweile auch in die Schweiz geschwappt. Wo vor kurzem noch das Standard-Imbiss-Angebot dominierte, werden heute echte Delikatessen über den Tresen gereicht: Burger, Dumplings, Tacos, Sushi, Ceviche, Fish’n’Chips, Austern, Raclette, Pralinen oder Cupcakes. Die Auswahl ist breit, innovative und abwechslungsreiche Food Trucks und Stände werden liebevoll dekoriert und schaffen für den Konsumenten neben der mobilen Essens-Ausgabestelle auch kleine urbane Oasen.

 

Seit August 2014 gibt es auch in Zürich ein Street Food Festival. Die Veranstalter haben an unterschiedlichen Locations, eine Plattform für Kulinarik, Feinschmecker und Kenner des guten Geschmacks geschaffen. Die Street Food Bewegung entspricht dem urbanen Bedürfnis nach gesunden und sinnhaften, dennoch schnellen und unkomplizierten Essensangeboten.