Foodwaste: Essen für die Mülltonne
Weltweit wird ein Drittel aller Lebensmittel verschwendet. Auch in der Schweiz landen unfassbar viele Lebensmittel im Abfall. Gegen Food Waste zu kämpfen, ist im Trend.
Zwei Millionen Tonnen einwandfreier Lebensmittel werden in der Schweiz jährlich entsorgt. Pro Kopf entspricht dies etwa 300 kg, was täglich fast einer ganzen Mahlzeit entspricht. Haushalte verursachen fast die Hälfte dieser Abfälle. Jedes achte Lebensmittel findet den Weg in Müll. Ein geringerer Anteil wird durch das Aussortieren minderwertiger Waren aus der Verarbeitungsindustrie beigesteuert. Da fallen Früchte und Gemüse, welche auf dem Feld liegen bleiben, ins Gewicht. 115‘000 Tonnen an Foodwaste gehen auf das Konto des Gastgewerbes und der Gemeinschaftsverpflegung.
Niemand will Lebensmittel verschwenden. Es passiert aus Unwissenheit über Alternativen, Gewohnheit, vielleicht Unachtsamkeit. Die Initiative «United Against Waste» analysiert Mengen und Ursachen für Lebensmittelabfälle in Gastronomie, Hotellerie und Gemeinschaftsverpflegung und zeigt geeignete Massnahmen zur Einsparung auf. Bei den Erhebungen werden alle Lebensmittelabfälle des Betriebs in fünf Küchenbereiche (Lager, Zubereitungsreste, nicht ausgegebene Speisen, Buffet- und Tellerreste) und neun Produktgruppen (Fleisch/Fisch, Obst und Gemüse, Salat, Suppen, Stärkebeilagen, Süssspeisen, Getränke, Milchprodukte, sonstiges) unterteilt und gesondert erfasst. So wird der Verlustgrad an vermeidbaren Abfällen ermittelt.
Ein Drittel weniger Müll
Buffets lassen sich schwer planen und sind dadurch eine grosse Quelle von Lebensmittelabfall. Das bestätigt auch eine Erhebung im Stadtzürcher Hotel Storchen. Dabei konnte festgestellt werden, dass das Frühstücksangebot einen besonders hohen Anteil am Essensmittelabfall ausmachte. Mit gezielten Massnahmen konnte die Menge massiv reduziert werden. Der Chaînebetrieb spart dadurch monatlich 420 Franken. Die Tellerrückläufe der Gäste fielen als zweitgrösster Verursacher mit 20% ins Gewicht. Dafür sind hauptsächlich Brot- und Frühstücksreste verantwortlich. United Against Waste riet die Produktionsmenge zu reduzieren und die Reste wieder zu verwerten. Beim Brot würde sich eine Mengenreduktion und ein kleineres Brotsortiment anbieten. Um die Tellerreste zu reduzieren, wäre eine kleinere Tellergrösse ratsam, damit die Gäste weniger zugreifen.
«Sensibilisiert durch die Messung der Lebensmittelabfälle geht unser Team bewusster mit dem Thema um. Um die positiven Aspekte dieses Projekts sicherzustellen, werden wir die Abfallmenge erneut analysieren», sagt Andrea Scheiwiller Stv. Leitung Hauswirtschaft & Leitung Nachhaltigkeitsbereich. Ob der Abfall in der Lagerung, in der Küche oder durch Tellerreste beim Gast entsteht, weggeworfene Lebensmittel bedeuten immer direkte finanzielle Einbussen. Durchschnittlich fallen pro Gast und Menü rund 200 Gramm Abfall an. Markus Hurschler von United Against Waste kennt weitere Gründe für den Lebensmittelabfall: «Dass zu viele wertvolle Lebensmittel auf dem Müll landen, liegt oft auch an den Portionsgrössen. Hier brauchen die Gäste mehr Wahlmöglichkeiten. Nicht jeder möchte immer eine XXL-Portion auf dem Teller haben. Weiter sind ein kluger Einkauf und die richtige Lagerung wichtig.»
Abfall als Functional Food
Kartoffel- und Orangenschalen, Wein- und Biertreber, Molke und sogenannter Rapskuchen – in der Lebensmittelindustrie fallen tonnenweise solcher Reststoffe an. Häufig landen sie als Abfall auf der Deponie. Dieser vermeintliche Abfall strotzt vor Eiweiss, Ballaststoffen und bioaktiven Substanzen. Lässt sich dieser Müll nicht anderweitig nutzen? Diese Frage wird derzeit untersucht.
Weltweit die meisten Abfälle entstehen in der Kartoffel-Industrie, etwa bei der Herstellung von Tiefkühl-Pommes frites. Auch Zitrusfrüchte sind wegen der steigenden Nachfrage nach Fruchtsäften für einen Grossteil der Mengen verantwortlich, gefolgt von Pressrückständen aus der Weinproduktion.
Ansetzen können die Forscher zum Beispiel beim Spargel. In seinen Resten stecken Substanzen wie Saponine, Phenole oder Ballaststoffe, die laut José María Fuentes-Alventosa, Lebensmitteltechnologe am Instituto de la Grasa in Sevilla, den Cholesterinspiegel im Blut senken könnten. «Spargelreste lassen sich darum zu Functional Food entwickeln», sagt der Forscher. Functional Food ist Essen mit einem gesundheitlichen Zusatznutzen, dazu zählen etwa cholesterinsenkende Margarine oder mit Vitaminen angereicherter Fruchtsaft. Kürzlich hat Fuentes-Alventosa eine neue Methode vorgestellt, wie sich aus Spargelschalen und verholzten Stängeln bioaktive Substanzen herauslösen lassen. Dafür erhitzte der Wissenschaftler die Spargelreste für zwei Stunden bei 121 Grad und machte die gesuchten Stoffe so leichter zugänglich. Auch Phenole aus Traubenkernen oder Oliventrester - einem Reststoff bei der Ölherstellung - sowie natürliche Pigmente kann man auf diese Weise isolieren. Wichtig bei jedem Verfahren ist, dass die gesunden konservierenden Antioxidanzien erhalten bleiben.
Wer das eigene Essen liebt, versucht Lebensmittelabfälle zu vermeiden. United against Waste will bis 2020 die vermeidbaren Nahrungsmittelverluste um die Hälfte reduzieren.